Warum ich jahrelang nach Perfektion suchte - und was mich davon befreite
- andreaschich

- 8. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Sept.
Es gibt Momente im Leben, die uns tief berühren und nachhaltig verändern. Einen solchen Moment durfte ich kürzlich in einer Journey-Session erleben. Was dabei geschah, möchte ich mit dir teilen - nicht als perfekte Lösung oder als Rezept zum Nachmachen, sondern als authentischen Einblick in einen Entwicklungsprozess, der noch immer andauert und der zeigt: Manchmal liegen die tiefsten Erkenntnisse nur einen bewussten Atemzug entfernt.
Der Weg zu bewusster Atmung und innerer Erkenntnis
Seit 2022 beschäftige ich mich intensiv mit Journeys - jenen besonderen Atemreisen, die uns Zugang zu unserem Unterbewusstsein ermöglichen. Die Wissenschaft erklärt dieses Phänomen faszinierend: Durch bewusste Atmung kann die Aktivität des präfrontalen Kortex moduliert und der Zugang zu tieferen Bewusstseinsschichten erleichtert werden.
Was in der Theorie wissenschaftlich klingt, wird in der Praxis zu einer zutiefst persönlichen Erfahrung der Selbsterkenntnis. In meiner jüngsten Journey-Session durchlebte ich eine Erkenntnis, die alles veränderte: Ich verstand endlich die Wurzeln meiner lebenslangen Tendenz zum Vergleichen.
Das Dilemma der Unperfektion
Kennst du das Gefühl, nie gut genug zu sein? Jahrelang hatte ich das Bedürfnis, immer die “High-End-Lösung” parat zu haben, bevor ich mich überhaupt traute, etwas zu beginnen. Perfektion war mein Schutzschild gegen die Welt - aber gleichzeitig mein Gefängnis.
Diese Erkenntnis kam nicht über Nacht. Sie entwickelte sich parallel zu meiner Arbeit, meiner Ausbildung und der Zusammenarbeit mit Menschen, die mir zeigten: Es ist nicht nur erlaubt, sondern sogar wertvoll, unperfekt zu handeln - solange es bewusst geschieht.
Das ist der schmale Grat, den wir alle gehen dürfen: Wissen, dass wir etwas noch nicht perfekt können, und trotzdem unser Bestes geben. In dieser bewussten Unperfektheit liegt eine Kraft, die perfekte Lösungen niemals haben werden - die Kraft der Authentizität.
Mein inneres Team verstehen lernen
In jener besonderen Journey-Session geschah etwas Tiefgreifendes: Ich verstand mein “inneres Team”. Jener Teil in mir, der sich ständig verglich und nach Perfektion strebte, hatte einst eine überlebenswichtige Funktion.
Als junger Mensch war ich anders - dachte anders, fühlte anders, handelte anders. Das passte nicht immer in die vorgegebenen Normen und Regeln unserer Gesellschaft.
Die Konsequenz?
Ausgrenzung. Kritik. Das Gefühl, nicht dazuzugehören.
Mein inneres Team entwickelte daraufhin eine Lösung:
Kontrolle durch Vergleichen.
Perfektion als Schutz vor weiterer Ablehnung.
Damals war diese Strategie nicht nur sinnvoll, sondern überlebensnotwendig. Sie bewahrte mich vor weiteren schmerzhaften Erfahrungen.
Aber wie so oft im Leben: Was einst eine lebensrettende Lösung war, wurde Jahre später zu einem limitierenden Glaubenssatz. Mein System lief noch immer auf der “alten Festplatte”, obwohl sich mein Leben längst verändert hatte.
Wenn Verstehen zu Mitgefühl wird
Der Durchbruch in meiner Journey lag nicht nur im rationalen Verstehen - das hatte ich intellektuell schon lange erfasst. Der wahre Wandel geschah, als zum Verstand das Gefühl hinzukam. Plötzlich empfand ich tiefes Mitgefühl für jenen jungen Menschen, der ich einmal war. Ich verstand, warum mein inneres Team diese Lösung gewählt hatte.
Diese Erkenntnis war transformativ - oder wie ich lieber sage: entwicklungsfördernd. Denn Transformation impliziert oft, dass wir uns völlig neu erfinden müssen. Entwicklung hingegen bedeutet, dass wir das, was bereits in uns angelegt ist, entfalten und in Einklang mit unseren wahren Werten bringen können.
Der Wert bewusster Unperfektion
Was ich heute leben möchte und was ich jedem Menschen von Herzen wünsche, ist die Erlaubnis, so sein zu dürfen, wie wir sind. Nicht trotz unserer Eigenarten, sondern gerade wegen ihnen. Jeder Mensch trägt einzigartige Gaben in sich - manchmal sind es genau die Eigenschaften, die nicht in das gesellschaftliche Raster passen, die am wertvollsten sind.
Meine Reise lehrt mich täglich: Bewusste Unperfektion ist nicht das Gegenteil von Exzellenz, sondern ihr authentischer Ausdruck. Wenn wir den Mut haben, unperfekt zu beginnen und dabei bewusst zu bleiben, erschaffen wir Raum für echte Entwicklung.
Ein neues Kapitel beginnt
Heute führe ich mein Leben nicht mehr von der “alten Festplatte” aus. Die Journeys, die Atemarbeit, das Verstehen meines inneren Teams - all das hat mir geholfen, bewusstere Entscheidungen zu treffen. Eine Software, die auf Authentizität, Mitgefühl und bewusster Unperfektheit basiert.
Das bedeutet nicht, dass der Weg nun einfach ist oder dass ich dir versprechen könnte, deine Erfahrung wäre genauso. Entwicklung ist ein höchst individueller, kontinuierlicher Prozess. Aber ich gehe ihn nun mit dem tiefen Wissen, dass jeder Teil meines inneren Teams einen guten Grund hatte für seine Entscheidungen.
Was für mich der entscheidende Durchbruch war: Ich kann heute meinen Teil der Verantwortung übernehmen. Ich respektiere zutiefst, dass diese Lösung damals das Wertvollste war, was mein System in der Situation leisten konnte. Und gleichzeitig kann ich heute bewusst neu wählen, ohne diese Verantwortung an jemand anderen abzugeben. Diese Würdigung des Vergangenen bei gleichzeitiger Eigenverantwortung für das Heute - das ist meine Erfahrung echter Entwicklungsarbeit.
Wenn auch du spürst, dass alte Muster dich limitieren, erlaube dir die Frage:
Welche Lösung hat dein inneres Team einst für dich gefunden?
Und vor allem: Dient sie dir heute noch, oder ist es Zeit für ein Update?
Die Antworten liegen oft näher, als wir denken - manchmal nur einen bewussten Atemzug entfernt.
Andrea





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